Autor: Ernst von Kirchberg
Jahr: 1378
Bibliografische Angaben: von Kirchberg, Ernst (Hg. Cordshagen, Christa und Schmidt, Roderich): Mecklenburgische Reimchronik des Ernst von Kirchberg, Im Auftrag der Historischen Kommission für Mecklenburg und in Verbindung mit dem Mecklenburgischen Landeshauptarchiv Schwerin, Böhlau Verlag, Köln, Weimar, Wien 1997 S. 8-9
Originaltext
Kurzvorstellung:
In der Chronik des Ernst von Kirchberg aus dem Jahre 1378 kommt zum ersten Mal in mittelhochdeutscher Übersetzung ein Bericht über Rethra vor. Es handelt sich dabei, wie Ernst von Kirchberg selbst in der Einleitung schreibt (S. 2), um Übersetzungen der lateinischen Chronik des Helmold von Bosau in “dutschen worten”. Einige Stellen wurden dabei gekürzt, andere wiederum ausgeschmückt, was auch dem Umstand geschuldet ist, dass Kirchbergs Chronik anders als Helmolds in Reimen verfasst ist.
Die Stellen, welche Rethra betreffen, haben ein gewisses Interesse. Bis heute findet man bei zahlreichen Autoren (u.a. Unger, Hannemann, Boek, Szczesiak) die Behauptung Ernst von Kirchberg hätte Rethra in der Nähe von Demmin vermutet, was so nicht stimmt.
Die vier slawischen Stämme “Kirczini, Czirczipan, Tholensi, Rederi” werden, so Kirchbergs Übersetzung, “durch ir sterke” Wiltzi oder Lutici genannt.
Die Hauptstadt der Redarier und Tollenser war “Rethre”, von der eine lange und schmale hölzerne Brücke zum Lande der Zirzipanen und Kessiner führte (S. 8). Das Land der Kessiner und Zirzipanen wird durch die Peene vom Lande der Redarier und Tollenser geschieden.
Zwei Stämme – die Kessiner und Zirzipanen wohnen westlich (nördlich) der Peene, Redarier und Tollenser östlich (südlich) der Peene. Redarier und Tollenser haben dabei als Hauptstadt Rethre, von deren einem Tor ein Weg ins Land der Zirzipanen und Kessiner führt. Deren Stadt soll Demyn heißen.
Ernst von Kirchberg hat somit nicht Rethra bei Demmin vermutet. Um genauer zu sein – er hat in diesem Zusammenhang überhaupt nichts vermutet, denn seine Ausführungen sind nur Übersetzungen des Helmold von Bosau. Dieser ist es, der sagt, dass die Stämme der Kessiner und Zirzipanen durch die Peene und die Stadt Demmin von den Tollensern und Redariern getrennt werden. Ernst von Kirchberg hat also nicht “als erster versucht Rethra zu lokalisieren”, sondern lediglich als erster die Chronik Helmolds von Bosau ins Mittelhochdeutsche übertragen. Ob er dabei ihm aus anderen Quellen evtl. noch bekannte Informationen verwendete ist natürlich möglich, wenn auch wenig wahrscheinlich. Ein Punkt, welcher hier von Interesse ist, ist seine nicht bei Helmold enthaltene Aussage, dass eine lange und schmale hölzerne Brücke von Rethra ins Land der Kessiner und Zirzipanen führt.
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