Paul Joseph Schafarik: Die polabischen Stämme und ihre Sitze (Auszug zu Rethra)


Paul Joseph Schafarik: Die polabischen Stämme und ihre Sitze (Auszug) (PDF)

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Die genaue Angabe der Sitze der Ratarer ist gleich schwierig. Pischon setzt sie zwischen Havel, Oder, Peene und Tollense[1], Raumer giebt die Dosse als die Südgrenze an[2]. Früher scheint dieser Name von größerem Umfange gewesen zu sein[3]. Sie kommen vor in Urkunden Ottos I. von 936 Riadri, 937 Rederi (locus), 965 Riedere (natio), Ottos II. von 973 Riedere (provincia), 975 Ridera, bei Widukind von 930 Redarii, 868 Redares, bei Dithmar Redari, Rederarii, Riedirerun (gen. plur. pagus), bei Adam von Bremen Rethari, Retheri, Rethre (civitas)[4], bei Helmold Riaduri, Redarii[5], im Chronicon. August. Rheda (Stadt), in einer Urkunde Bischof Rudolfs von 1137 Redere u.s.w.[6]. In diesen verdorbenen Formen scheint mir die ächte Ratara, von der Wurzel rat (bellum), also gleich Bojnice (Kriegstempel) verborgen zu liegen, weil dort ein Tempel stand, worin große Krieg und Frieden betreffende Gegenstände verhandelt wurden[7]. Von der Stadt empfingen die Einwohner den Namen Ratarer, Rataraner, deutsch Reidirer nach Dithmar[8]. Wo das berühmte Ratara lag, ist unsicher; Einige suchen es bald in Stargard, bald in Malchin, bald in Röbel, bald in Rhesa, bald in Strelitz, bald in Prilwitz. Wahrscheinlich stand es beim heutigen Kuhschwanz oder Chotiwanz, czechisch Chotibuz vom männlichen Chotibud[9].

Paul Joseph Schafarik: Die polabischen Stämme und ihre Sitze (Auszug), in: Wuttke, Heinrich (Hg.): Slawische Alterthümer, Zweiter Band, Zehnter Abschnitt, Die polabischen Stämme, Nr. 44, Verlag von Wilhelm Engelmann, Leipzig 1844 S. 580-581

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[1]    Pischon II. 44.

[2]    Raumer, Churmark Brandenburg S. 5.

[3]    Helmold I. 21 sagt: Riaduros sive Tholenzos, die er aber oben I. 2. scheidet. Leutsch, Gero S. 9. Anm. 13.

[4]    Adam. Brem. II. 10. III. 24.

[5]    Helmold I. c. 2. 21.

[6]    Belege siehe bei Raumer, Reg. I.

[7]    Helmold I. 16. S. 51. cf. I. c. 2. 21. Dithmar VI. 150. Adam. Brem. ed. Fabr. p. 19. Kanngießer S. 168-172. Dithmar sagt: Hanc (Rethram) ad bellum properantes salutant, illam prospero redeuntes muneribus debitis honorant.

[8]    Auch in anderen Slawenländern, so in Serbien, finden sich Ortschaften wie Ratary, in Böhmen gab es ehedem ein Schloß Rataje. Betreff der Endung ara vergleiche das serbische solara, kozara, zwonara, pustara.

[9]    Pischon II. 44. Kanngießer S. 161. Raumer, Churmark Brandenburg S. 5. Gebhardi I. 110-113. Chotibanz, hin und wieder Gotebant, jetzt verstümmelt Kuhschwanz. Riedel I. 433.

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