Franz Winter: 14. Rhetra


Franz Winter: 14. Rhetra. (PDF)


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Lisch hat (Meckl. Jahrb. III., 1 ff.) auf das evidenteste dargethan, daß das Land der Tollenser und Rhedarier am Tolense-Fluß und See zusammenstieß. Nun aber spricht Helmold I., cap. 2 und 21 so bestimmt davon, daß beiden Stämmen der Tempel zugehörte, daß dies nur so zu erklären ist, daß man ihn sich als auf der Grenze beider gelegen denkt. Und dazu würde der Ort zwischen Tolense- und Lieps-See sehr gut passen. – Auch die Bestimmung der alten Annalisten, daß Rethra 4 Tagereisen von Hamburg liege, führt darauf hin. Diese Entfernungs-Angabe scheint mir darauf hinzuweisen, daß eine Heerstraße nicht allzu weit bei Rethra vorüberführte. Nun ging die Straße von Hamburg nach Stettin über Brode. Nimmt man von Hamburg aus Ratzeburg als die erste, Schwerin als die zweite, die Gegend von Güstrow-Krokow-Malchow als die dritte, Brode als die vierte Station, so hat man ziemlich gleiche Entfernungen.

Der Annahme Giesebrechts I., 68, als ob der von Thietmar liber VI. (ed. Wagner 150) beschriebene Tempel des Zuarisici in Radegost ein anderer sei, als der bei Helmold beschriebene des Radigast in Rhetra, kann ich mich nicht anschließen. Von beiden wird gesagt, daß sie im Lande der Redarier oder im Gau Riedirierum lagen, und beides ist doch wohl die Bezeichnung des einen Landes der Rhedarier. Wenn aber Giesebrecht den Thietmarschen Tempel mit dem bei Helmold 1, 71 erwähnten hochberühmten Tempel der Circipaner identificirt, so müssen wir zunächst in Abrede stellen, daß Helmold von einem Tempel der Circipaner spreche. Helmold erzählt: Graf Adolf und Niclot eilten vereint ins Land der Kycinen und Circipanen und durchstreiften das feindliche Gebiet, wo sie Alles mit Feuer und Schwert verwüsteten. Auch den sehr berühmten Tempel zerstörten sie sammt den Götzenbildern und dem ganzen heidnischen Cultus. (Uebersetzung von Laurent S. 145). Helmold sagt nicht: ihren Tempel, sondern den sehr berühmten Götzentempel. Er weist damit hin auf den Tempel, den er bereits geschildert hat. Nachdem er aber cap. 2 und 21 so bestimmt auf diesen hochberühmten Tempel als ein Nationalheiligthum hingewiesen hat, kann er mit dem Beisatz: den sehr berühmten Tempel nichts anderes meinen, als den Tempel bei Rhetra. – Aber auch wenn er geschrieben hätte: ihren Tempel (templum eorum) würde das noch nichts für den Specialtempel der Circipaner beweisen. Denn als Adolf und Niclot ins Land der Kyzinen, das ihnen zunächst lag, einfielen, trat ihnen sicherlich die Bundesgenossenschaft sämmtlicher vier Wilzenstämme entgegen, und sie dehnten deßhalb auch ihre Verheerungen auf das ganze Wilzenland aus.

Wenn nun Thietmar den Hauptgott Zuarasici (Luarasici) nennt, Helmold aber Redigast, so ist das meines Ermessens nichts anderes als eine Variation der Namensform. Ich halte Zuarasici für eine Zusammensetzung; in Rasici (=radci) sehe ich nichts anderes, als den Stamm von Radi=gast. Also Radci vielleicht Berather, Radigost, Berathung?

Das mare bei Thietmar einen Landsee bedeute, scheint mir ziemlich unzweifelhaft. Die Stadt nennt er Riedegost, die Helmold Rethra nennt. Auch dies hat ja einen gemeinsamen Stamm. Man braucht bei Thietmar noch nicht einmal eine Verwechselung zwischen Gottheit und Sitz derselben annehmen; es kann die Stadt wirklich so genannt worden sein. – Die Verschiedenheit der Angabe in Betreff der drei oder neun Thore habe ich auf die im Texte angegebene Weise heben zu können geglaubt. Die Beschreibung des Helmold I., 2 scheint nur lückenhaft und ungenau zu sein.

Winter, Franz: 14. Rhetra, in: Die Prämonstratenser des zwölften Jahrhunderts und ihre Bedeutung für das nordöstliche Deutschland, Ein Beitrag zur Geschichte der Christianisirung und Germanisirung des Wendenlandes, Anhang I, Excurse, E. Schweigger’sche Hof-Buchhandlung, Berlin 1865 S. 316-317

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