Ludwig Brückner: Nachtrag zur Rethrafrage


Ludwig Brückner: Nachtrag zur Rethrafrage. (PDF)

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Ich habe in meinen Arbeiten über Rethra nachzuweisen gesucht, daß unter der urbs tricornis Thietmars der Ort Wustrow zu verstehen sei, und bedauere, daß bei Durchsicht der einschläglichen Literatur mir ein Aufsatz des Herrn Pastor Willebrand zu Zapel (Jahrb. XLIV, S. 38) entgangen ist, weil der Herr Pastor nach Besuch der Gegend ebenfalls zu der Ueberzeugung gekommen ist, daß Wustrow der urbs tricornis des Thietmar entspreche. Wenn zwei Beobachter unabhängig von einander zu derselben Ansicht gelangen, so gewinnt die Richtigkeit der Anschauung dadurch entschieden an Gewicht, und es liegt deshalb im Interesse der Rethraforschung noch einmal auf den Aufsatz des Herrn Pastor Willebrand hingewiesen zu haben.

Weniger Gewicht wird man ganz allgemein gehaltenen Entgegnungen gegen meine Arbeiten beilegen. Herr Archivrath Grotefend hat in einer Nachschrift zu meiner letzten Arbeit über Rethra mir den Vorwurf gemacht (Jahrb. LV, S. 278), ich hätte nur das zu meinen „Ortsbeobachtungen stimmende aus den alten Nachrichten herausgerissen, den Rest aber als werthlos bei Seite“ gelassen. Statt einer so unbestimmten Wendung hätte der Herr Archivrath bestimmt und deutlich angeben sollen, welche Nachrichten mir werthlos erschienen sind.

Angezweifelt habe ich einzig und allein unter allen alten Nachrichten nur die Nachricht von den neun Thoren, die Adam für Rethra kennt. Ich habe aber auch darzulegen gesucht, weshalb diese neun Thore mir fraglich erscheinen.

In Bezug auf dieselben hat nun auch Herr Grotefend selbst gesagt, daß die irrthümlich aus einer mißverstandenen Nachricht Thietmars entstanden wären. (Jahrb. LIV, S. 176.) Er wird also wohl nichts dagegen haben, wenn auch mir die neun Thore nicht glaubwürdig erschienen sind.

Aus den so allgemein gehaltenen Worten der mir entgegen getragenen Beschuldigung werden Leser, welche mit der einschläglichen Litteratur nicht vertraut sind, leicht zu der Vermuthung kommen, ich hätte außer der Nachricht von den neun Thoren noch andere Nachrichten der alten Chronisten beanstandet. Ich muß eine solche Unterstellung ganz entschieden zurückweisen. Berücksichtigt habe ich alle Nachrichten bei Thietmar, Adam und Helmold, soweit solche bei Untersuchungen über die Lage von Rethra irgend in Betracht kommen konnten. Beanstandet habe ich nur die neun Thore, und die Zahl der Thore, ob neun oder drei, fällt nicht ins Gewicht wenn es sich nur darum handelt, die Lage eines alten Ortes festzustellen, die Stelle nachzuweisen, an welcher einst derselbe stand. Bei jedem alten Orte, von dem nichts mehr vorhanden ist, kann man sich beliebig viele Thore als vorhanden gewesen vorstellen. Wenn sonst die übrigen Nachrichten über einen alten Ort für die Lage desselben an einer bestimmten Lokalität sprechen, wird man aus der fraglichen Anzahl der Thore nie einen Gegenbeweis herauslesen können. Für Rethra habe ich, mit Ausschluß der neun Thore, die Uebereinstimmung der übrigen Nachrichten mit den örtlichen Verhältnissen bei der Fischerinsel und Wustrow dargethan. Meine Aufsätze liegen gedruckt zu Jedermanns Einsicht vor.

Es sind im Laufe der Zeit die verschiedenartigsten Ansichten über die Lage von Rethra zu Tage gekommen, die doch nicht alle das Richtige treffen können. Nach Herrn Archivrath Grotefend soll Rethra auf dem Festlande und mitten im Urwalde gelegen haben (Jahrb. LIV, S. 180.) Im Interesse der Rethraforschung erlaube ich mir darauf hinzuweisen, daß zur Begründung dieser Ansicht der geehrte Herr Archivrath nur das zu seiner Anschauung Passende aus den alten Nachrichten herausgreift, indem er nicht nur die neun Thore, sondern auch die besonders wichtigen und charakteristischen Nachrichten von dem einschließenden See und der Brücke, die nach Rethra hinüber führte, als werthlos an die Seite schiebt. (Jahrb. LIV, S. 179.) Nicht mir hätte der geehrte Herr Archivrath den Vorwurf machen sollen, das zu den Anschauungen nicht Passende an die Seite geschoben zu haben.

Brückner, Ludwig: Nachtrag zur Rethrafrage, in: Jahrbücher des Vereins für Meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde, 56. Jahrgang, Schwerin 1891 S. 245-246

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